In deutschen Großstädten tobt ein Kampf um den knappen Wohnraum. Oft kommt es dabei zu Konflikten zwischen Mietern und Eigentümern, die auf Eigenbedarf pochen. Wie sich Bewohner wehren können – und eine Rechtsschutzversicherung ihnen dabei hilft.
25.11.2025
Eigenbedarfskündigungen sind für die betroffenen Mieter stets ein Schock. Nicht nur, weil sie unerwartet aus ihrem geliebten Zuhause gedrängt werden sollen, in dem sie schon mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte wohnen. Beängstigend sind Eigenbedarfskündigungen auch deshalb, weil sie für Vermieter ein relativ scharfes Schwert sind. Üblicherweise lässt sich einem Mieter nur bei groben Verstößen, etwa dem Ausbleiben der Mietzahlung, kündigen. Das ist bei der Eigenbedarfskündigung anders: Damit kann sich ein Vermieter auf das im Grundgesetz verankerte Eigentumsrecht berufen.
Erstberatung in der Rechtsschutzversicherung immer enthalten
Rechtsschutzversicherte, die von einer Eigenbedarfskündigung betroffen sind, stehen jedoch nicht hilflos da. Sie können einen Fachanwalt für Mietrecht zumindest rechtlich prüfen lassen, ob die für die Kündigung geltenden strengen Vorgaben und Anforderungen eingehalten sind oder nicht. Eine Erstberatung ist in der Rechtsschutzversicherung immer enthalten – vorausgesetzt, der betreffende Rechtsbereich ist mit abgedeckt. Die Rechtsschutzversicherung basiert auf dem Baukastenprinzip. Eine Eigenbedarfskündigung betrifft den Leistungsbaustein Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz – je nach Anbieter heißt er mitunter auch etwas anders, beispielsweise Haus- und Wohnungsrechtsschutz.
Das leistet eine Mietrechtsschutz-Versicherung
Der Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz, wie der Baustein in der Rechtsschutzversicherung offiziell heißt, richtet sich nicht ausschließlich an Mieter, sondern gleichermaßen an Verpächter oder Vermieter von Immobilien oder Grundstücken. Denn die darin enthaltenen Leistungen kommen für alle Parteien infrage.
Der Versicherungsschutz umfasst sowohl Streitigkeiten aus Miet- und Pachtverhältnissen (zum Beispiel wegen einer Mieterhöhung oder Wohnungsmängeln), aus sonstigen Rechten (wenn es zum Beispiel um das Wohnrecht geht) oder aus dinglichen Rechten, die Grundstück oder Gebäude betreffen. Da geht es beispielsweise um den konkreten Verlauf einer Grundstücksgrenze. Die Versicherung übernimmt im Streitfall die Kosten für Anwälte und die Gerichtsverfahren.
Wer sich mit einer Mietrechtsschutz für Streitigkeiten mit dem Vermieter wappnen möchte, sollte schon vorsorglich die Versicherung abschließen. Viele Rechtsschutzversicherungen beinhalten eine Wartefrist von meist drei Monaten ab Vertragsabschluss. Erst danach setzt der Versicherungsschutz ein. So beugen die Versicherer dem Missbrauch vor: Dass Menschen erst dann eine Versicherung abschließen, wenn der Streit schon ausgebrochen ist.
Eine Unterstützung des Rechtsschutzversicherers, um die Kündigung vor Gericht abzuwehren, kommt allerdings nur in Betracht, wenn realistische Erfolgsaussichten bestehen. Diese Einschränkung gibt es bei Rechtsschutzversicherungen immer. Sie übernehmen die Kosten für gerichtliche Auseinandersetzungen, wenn der Prozess eine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Wäre dem nicht so und könnte jeder auch ohne jede Erfolgsaussicht klagen, würden die Kosten ausufern – zum Schaden aller Versicherten. Eine Versicherung würde so nicht funktionieren.
Einzelfallprüfung erforderlich
Ob die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Klage beziehungsweise Abwehr einer Kündigung vorliegen, lässt sich immer nur im Einzelfall prüfen. Mit der Eigenbedarfskündigung hat der Eigentümer der Wohnung oder des Hauses zwar ein starkes Instrument zur Hand. Doch manchmal greift die Kündigung ins Leere – weil der Eigenbedarf nicht ausreichend begründet ist oder die Interessen des Mieters die des Eigentümers überwiegen.
Drei Fälle sind grundsätzlich zu unterscheiden:
- Die Eigenbedarfskündigung ist fehlerhaft
- Der Eigenbedarf ist nur vorgeschoben
- Es liegt ein Härtefall nach § 574 BGB vor.
Wenn im konkreten Einzelfall ein Ablehnungsgrund vorliegt, dann besteht auch Rechtsschutz zur Abwehr der Räumungsklage. Oft zeigt sich allerdings erst im Nachhinein, ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Wohnungsnutzung hatte oder nicht. Auch dann hilft der Mietrechtsschutz. Falls sich herausstellt, dass der Eigenbedarf nur vorgeschoben war und ein Rechtsmissbrauch vorliegt, können Versicherte mithilfe ihrer Rechtsschutzversicherung auch auf Schadenersatz klagen.
In welchen Fällen Eigenbedarfskündigungen unzulässig sind
In der Rechtsprechung lassen sich einige Urteile finden, aus denen Betroffene ablesen können, wann eine Kündigung als unzulässig oder unzumutbar angesehen wurde. In diesen konkreten Fällen erklärten Gerichte eine Eigenbedarfskündigung beispielsweise für unwirksam:
- Wenn der Vermieter zum Zeitpunkt einer unbefristeten Vermietung der Wohnung bereits plante oder erwog, sie alsbald selbst zu nutzen, die Mieter darüber aber nicht aufklärte (BGH, 4.2.2015; AZ.: VIII ZR 154/14).
- Wenn ein Vermieter den Eigenbedarf unzureichend konkretisiert und die Kündigung nur mit einer vagen Nutzungsabsicht begründet. Oder der Wunsch nach Eigennutzung nicht so konkret ist, dass er bald nach der Kündigung umgesetzt wird, die Kündigung „gewissermaßen“ auf Vorrat erfolgt (BGH, 23.9.15; AZ.: VIII ZR 297/14).
- Wenn ein Vermieter bei einer Eigenbedarfskündigung eine zum Ablauf der Kündigungsfrist zur Verfügung stehende Alternativwohnung nicht dem Mieter anbietet (BGH, 9.7.03; AZ.: VIII ZR 311/02).
- Wenn eine körperlich eingeschränkte und pflegebedürftige Mieterin trotz intensiver Suche keine gleichwertige Ersatzwohnung finden kann (LG Heidelberg, 20.6.24; AZ.: 5 S 46/23).
Hohes Alter allein begründet keinen Härtefall
Diese Urteile ersetzen jedoch nicht die Einzelfallprüfung. Gerade Härtefälle müssen anhand der Lebenssituation konkret begründet und belegt werden, damit eine Eigenbedarfskündigung – in Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter – vor Gericht als unzumutbar angesehen wird. So begründen beispielsweise ein hohes Alter der Mieter oder eine lange Mietdauer und damit verbundener Verwurzelung im bisherigen Umfeld per se keinen Härtefall (BGH, 22.5.19; AZ.: VIII ZR 180/18). Es kommt vielmehr auf die weiteren Umstände an.
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