Die eigene Arbeitskraft ist für die meisten Menschen die wichtigste Ressource. Schließlich ist sie die Basis für Einkommen und materiellen Wohlstand. Die Absicherung der Arbeitskraft spielt daher eine große Rolle. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Wir stellen sie vor.05.08.2025
Der Verlust der Arbeitskraft ist für alle Berufstätigen ein existenzielles Risiko. Fällt das Erwerbseinkommen weg, ist meist der gewohnte Lebensstandard gefährdet. Immerhin jeder vierte Versicherte wird im Schnitt wenigstens einmal im Leben berufsunfähig. Betroffen sind nicht nur körperlich schwer Arbeitende, sondern auch Büroangestellte. Die häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit sind inzwischen Nervenerkrankungen, wozu auch psychische Leiden oder ein Burn-Out gehören.
Neben der Deutschen Rentenversicherung, bei der Arbeitnehmer ihren Antrag auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente stellen können, gibt es unterschiedliche private Versicherungen für diesen Fall. Sie helfen im Notfall durch eine monatliche Rente oder mit einer einmaligen Geldsumme.
Wann der Versicherer zahlt, wie umfangreich die Leistung ist und wie hoch die Prämie ausfällt, ist dabei verschieden. So kann jede und jeder ein für sich geeignetes Produkt finden – passend zur Tätigkeit, den individuellen Absicherungsbedürfnissen und finanziellen Möglichkeiten.
Die Klassiker: Versicherungen zur Absicherung der Arbeitskraft
Die klassischen Produkte zur Absicherung der eigenen Arbeitskraft sind die Erwerbs- und die Berufsunfähigkeitsversicherung. Während letztere konkret an der ausgeübten Tätigkeit ansetzt, ist bei der Erwerbsunfähigkeitspolice das „Risiko“ allgemeiner gehalten. Sie greift erst dann, wenn jemand gar nicht mehr arbeiten kann, also auch nicht in einer anderen als seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit.
1. Die Berufsunfähigkeitsversicherung
Am häufigsten müssen Menschen aufgrund einer Erkrankung ihren Beruf aufgeben. Für solche Fälle ist die Berufsunfähigkeitsversicherung (kurz: BU-Versicherung) da. Sie leistet nicht nur bei Unfällen, sondern deckt darüber hinaus alle Krankheiten ab – ganz gleich ob es sich um ein psychisches Problem wie Burn-out oder eine kaputte Hüfte handelt. Die monatliche Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung schließt die finanzielle Lücke, die der Wegfall des Einkommens bedeutet. Das ist umso wichtiger, da die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung in der Vergangenheit deutlich reduziert wurden.
Voraussetzung für eine monatliche Rente: In der Regel muss der Betroffene zu mindestens 50 Prozent berufsunfähig sein. Außerdem muss die Beeinträchtigung über einen gewissen Zeitraum fortbestehen. Bei vielen Anbietern von Berufsunfähigkeitsversicherungen beläuft sich dieser Zeitraum auf ein halbes Jahr.
Die Höhe der Rente lässt sich individuell vereinbaren, sie sollte im Idealfall 70 bis 80 Prozent des Nettoeinkommens betragen. Das Geld fließt meist dann, wenn der Betroffene seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben kann. Wenn im Vertrag die sogenannte abstrakte Verweisung ausgeschlossen ist, spielt es meist keine Rolle, ob der Versicherte noch in einem anderen Job arbeiten könnte. Auch Pflegebedürftige können als berufsunfähig gelten – je nach vertraglicher Vereinbarung.
Es lohnt sich, eine Berufsunfähigkeitsversicherung so früh wie möglich abzuschließen. Denn je jünger und gesünder jemand ist, desto geringer fallen die Beiträge aus.
2. Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung
Ähnlich wie die Berufsunfähigkeitspolice funktioniert die Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Auch sie deckt den Verlust der Arbeitskraft durch Unfälle und alle körperlichen und psychischen Erkrankungen ab. Die versicherte Person erhält eine Erwerbsunfähigkeitsrente, wenn sie nicht mehr in der Lage ist, mindestens drei Stunden täglich irgendeinen Job auszuüben. Wie lange diese Einschränkung bestehen muss, um als erwerbsunfähig zu gelten, ist nicht einheitlich definiert. Die Bestimmungen unterscheiden sich je nach Anbieter.
Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung kann vor allem für körperlich schwer arbeitende Menschen – etwa Handwerker – eine sinnvolle Alternative zur Berufsunfähigkeitsversicherung sein. Der Grund: Wegen ihrer größeren körperlichen Beanspruchung im Job und dem damit verbundenen größeren Risiko müssen körperlich hart arbeitende Menschen meist höhere Prämien in der Berufsunfähigkeitsversicherung zahlen.
Staatliche Rente nur bei Erwerbsunfähigkeit, nicht bei Berufsunfähigkeit
Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente der Deutschen Rentenversicherung ist mit der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung nicht vergleichbar. Die volle oder Teilerwerbsminderungsrente erhält nämlich nur, wer überhaupt nicht oder nur teilweise arbeiten kann. Sie setzt also an der absoluten Arbeitsfähigkeit an, nicht am konkreten Beruf wie die private Berufsunfähigkeitsversicherung.
Ein Beispiel: Ein Bäcker, der durch eine Lebensmittelallergie seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann, würde keine staatliche Unterstützung erhalten, da er einen anderen Job finden kann, bei dem ihn seine Allergie nicht belastet. Etwas anderes wäre es, wenn der Bäcker nach einem Verkehrsunfall bleibende körperliche Schäden davonträgt, die ihn seiner Arbeitsfähigkeit einschränken. Dann hätte er Anspruch auf eine gesetzliche Teilerwerbsminderungsrente – sofern er zwischen drei und sechs Stunden pro Tag arbeiten könnte – oder die volle Erwerbsminderungsrente, falls er nicht einmal wenigstens drei Stunden täglich arbeiten kann.
Eine Ausnahme gibt es nur für ältere Erwerbstätige: Alle, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden, kommen noch in den Genuss einer großzügigeren Regelung. Sie erhalten dann eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente, wenn sie in ihrem bisherigen Beruf, für den sie qualifiziert sind, nicht mehr oder nur noch weniger als sechs Stunden täglich arbeiten können und gleichzeitig eine andere Beschäftigung nicht ihrem Leistungsvermögen, ihren Fähigkeiten oder dem bisherigen beruflichen Werdegang entsprechen würde. Mit anderen Worten: Sie müssen nicht mehr jeden anderen Job annehmen.
Die Alternativen: Versicherungen zum Schutz vor Invalidität
Neben den klassischen Versicherungen zur Absicherung der Arbeitskraft gibt es weitere Produkte der privaten Vorsorge, die als Alternative genutzt werden können. Sie setzen nicht an der Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit als Ganzes an, sondern decken einzelne Fertigkeiten, Körperteile oder Körperfunktionen ab, deren Verlust zu einer Berufs- beziehungsweise Erwerbsunfähigkeit führen könnte.
3. Die Grundfähigkeitsversicherung
Bei der Grundfähigkeitsversicherung werden – wie der Name schon sagt – bestimmte grundlegende Fähigkeiten versichert. Dazu zählen zum Beispiel das Sehen, Sprechen, Hören, Gehen oder Schmecken. Die Liste ist nicht abschließend. Das Produkt ist noch relativ jung, die Anbieter probieren noch viel aus und bringen regelmäßig neue Varianten auf den Markt.
In der Regel wird ein Katalog an Fähigkeiten versichert. Wer eine der Fähigkeiten verliert, die im Vertrag bestimmt wurden, bekommt von der Versicherung eine vertraglich vereinbarte Monatsrente. Für einen Musiker wäre es zum Beispiel nützlich, sein Gehör zu versichern. Für eine Köchin hingegen ist das Schmecken eine wesentliche Voraussetzung, um ihren Beruf ausüben zu können.
Neben einzelnen Fähigkeiten lassen sich mit einer Grundfähigkeitsversicherung auch Fertigkeiten absichern, für die es mehrere funktionierende Sinne braucht. So zählt beispielsweise Treppensteigen zu den versicherbaren Fertigkeiten, für die es ein Bündel an Grundfähigkeiten braucht.
Fest etabliert im Markt haben sich zudem Versicherungen, mit denen sich die Fähigkeit zum Autofahren absichern lässt. Dieses Produkt kommt für alle infrage, die in ihrem Beruf ein Fahrzeug steuern, also beispielsweise Bus-, LKW- oder Taxifahrer, aber auch Handwerker oder mobile Pflegekräfte. Für den Leistungsfall wäre es unerheblich, ob eine Erblindung, eine (teilweise) Lähmung nach einem Schlaganfall oder eine schwere Demenz zur dauerhaften Fahrunfähigkeit führt.
Egal welchen Beruf der Betroffene ausübt: In jedem Fall muss ein Arzt feststellen, dass die Einschränkung über einen gewissen Mindestzeitraum besteht. Das können mehrere Monate oder wenige Jahre sein. Wie lange genau, hängt vom jeweiligen Vertrag ab.
Kein Schutz ohne Gesundheitsprüfung
Egal wie sich Arbeitnehmer gegen den Verlust der Arbeitskraft absichern: Vor Vertragsabschluss steht meist eine Gesundheitsprüfung an. Damit schätzt der Versicherer die Wahrscheinlichkeit ab, dass bei dem Kunden ein Leistungsfall eintritt. Die Fragen müssen Kunden ehrlich beantworten, andernfalls kann der Versicherer später Leistungen verweigern. Das Ergebnis der Prüfung fließt in die Berechnung der Prämie ein. Wer ein niedrigeres Risiko für den Verlust der Arbeitskraft aufweist, weil er zum Beispiel nicht raucht oder keinen risikoreichen Beruf ausübt, bekommt auch einen günstigeren Vertrag.
Wer aufgrund von Vorerkrankungen oder gesundheitlichen Problemen keine Berufsunfähigkeitsversicherung erhält oder hohe Prämien dafür bezahlen müsste, für den kann zum Beispiel eine Erwerbsunfähigkeits- oder Multi-Risk-Versicherung eine Alternative sein. Es gibt auch eine Versicherung ohne Gesundheitsprüfung: In der Unfallversicherung wird in der Regel darauf verzichtet.
4. Die private Unfallversicherung
In knapp zehn Prozent aller Fälle führt ein Unfall zur Berufsunfähigkeit. Dann kann zusätzlich eine private Unfallversicherung helfen. Sie zahlt bei bleibenden Schäden einen Einmalbetrag und – abhängig vom Vertrag – eine Rente bei besonders schweren Beeinträchtigungen. Vorteil gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung: Die private leistet nicht nur bei Arbeits-, sondern auch bei Freizeitunfällen, die den Großteil aller Unfälle ausmachen.
Die Höhe der Leistung hängt von der vereinbarten Versicherungssumme und dem Invaliditätsgrad ab, der sich wiederum aus der sogenannten „Gliedertaxe“ des Versicherers ergibt. Je nach Vertrag kann der Verlust des Arms einen Invaliditätsgrad von 70 Prozent bedeuten oder der Verlust des Daumens 20 Prozent. Bei einer Versicherungssumme von 100.000 Euro würde der Versicherer entsprechend 70.000 Euro oder 20.000 Euro auszahlen. Wurde mit dem Unfallversicherer eine Rente vereinbart, gibt es die häufig ab einem Invaliditätsgrad von 50 Prozent.
Zu den Leistungen einer privaten Unfallversicherung gehören auch das Krankenhaustage- und das Genesungsgeld. Damit lassen sich Verdienstausfälle während der Behandlung kompensieren. Führt der Unfall zum Tod, gibt es auch für die Hinterbliebenen Geld.
5. Die Dread-Disease- oder Critical-Illness-Versicherung
Übersetzt bedeutet Dread Disease so viel wie „schwere Erkrankung“. Manchmal wird das Produkt auch Critical Illness-Versicherung genannt, was wörtlich übersetzt „kritische Krankheit“ bedeutet. Genau solche schweren Fälle soll sie auch absichern: zum Beispiel Krebs, Schlaganfall, Multiple Sklerose, Alzheimer oder Parkinson. Im Vertrag können mehrere Krankheiten definiert werden.
Grundsätzlich gilt: Je mehr Krankheiten die Versicherung abdeckt, desto höher ist der Beitrag. Damit kann der Versicherte zum Beispiel behindertengerechte Umbauten am Haus oder in der Wohnung bezahlen oder die Zeit für eine berufliche Umorientierung finanziell überbrücken.
6. Die Multi-Risk-Versicherung
Die Multi-Risk-Versicherung – auch Funktionsinvaliditätsversicherung genannt – ist eine Kombination aus verschiedenen Policen. Das Paket kann zum Beispiel aus einer Grundfähigkeitsversicherung bestehen, die Sehen und Hören abdeckt, und zusätzlich eine Dread-Disease-Versicherung sowie eine Unfall- oder Pflegeversicherung beinhalten. Die einzelnen Bausteine sorgen in der Summe für einen Rundumschutz gegen Krankheit und Unfälle.
Quelle: Die Versicherer